16. und 17. September 2017
Schau Fenster Berlin zu Gast im Laden fuer Nichts
@Spinnereistraße 7, Halle 18, 04179 Leipzig
Geschäftsszeiten:
Sonnabend, 16. September: 11 bis 21 Uhr
Sonntag, 17. September: 11 bis 16 Uhr
Beteiligte Künstler:
Minor Alexander
Julia Benz
Marc Fromm
Lukas Glinkowski
Sebastian Gögel
Peter Gregorio
Tine Günther
Paule Hammer
Julia Herfurth
Jirka Pfahl
Bodo Rott
Josip Zanki
Nachdem das multimediale Kunsthappening SWEAT SHOP beim Berliner Gallery Weekend 2016 von Publikum und Kritik begeistert gefeiert wurde, wird die kapitalismuskritische Performance unter Beteiligung von 12 Künstler*innen zum Herbstrundgang der Spinnereigalerien Leipzig 2017 ihre Werkbänke im Laden fuer Nichts aufstellen.
IDEE
Der SWEAT SHOP ist ein interdisziplinäres Kunstwerk: Happening, Performance und Kunsthandel in Einem. 12 Künstler*innen werden im Leipziger Laden fuer Nichts im Schichtbetrieb arbeiten und die Bedingungen sichtbar machen, unter denen im Kapitalismus Waren im Allgemeinen und Kunst im Besonderen produziert werden.
Der SWEAT SHOP zeigt dabei zunächst die Gemeinsamkeiten von Kunst und Geld auf. Gleichzeitig kommentiert das Projekt die Produktionsweisen in einer globalisierten Welt und reflektiert die unterschiedlichen Herangehensweisen künstlerischer Produktion in Ost und West.
SWEAT SHOP ist eine Perfomance
SWEAT SHOP ist eine Installation.
SWEAT SHOP ist mulitmedial.
SWEAT SHOP ist ein Simulacrum.
SWEAT SHOP ist weltweit.
SWEAT SHOP ist politisch.
SWEAT SHOP ist philosophisch.
SWEAT SHOP ist Kunst.
SWEAT SHOP ist ein Shop.
Anlässlich des Herbstrundgangs der Spinnereigalerien 2017, zu dem sich die Kunstwelt in der sächsischen Kunststadt trifft, wird eine Gruppe Künstler*innen unterschiedlicher Richtungen zwei Tage lang im Laden fuer Nichts unter „Sweatshop Bedingungen“ arbeiten und Kunst produzieren. Alles, was dem Künstler dabei während der jeweils 5-stündigen Schicht außer Farben zur Verfügung steht, sind ein Stuhl und ein Tisch. In dieser Zeit hält sich der Künstler in seiner Arbeitszelle auf. So arbeiten jeweils vier Künstler*innen gleichzeitig.
Angeboten werden Leinwände in den üblichen Maßen 50×40 cm und 60×50 cm und Papier in DINA4 und DINA3. Diese Formate werden zu einem fixen Grundpreis verkauft. Der Preis gilt also für das Format und berechnet sich vorerst nicht nach dem Ranking des Künstlers.
Ausgangspreise:
Leinwand: 50×40 cm – 120 €
Leinwand: 60×50 cm – 160 €
Papier: DINA4 – 50 €
Papier: DINA3 – 80 €
Der Kunde erwirbt das Medium und beauftragt den von ihm auserkorenen Künstler, eine Arbeit zu „produzieren“ (wahlweise nach Vorlage oder freier Hand). Jeder weitere Kauf erfährt eine Preissteigerung von 15%. Damit wird das Angebot- und Nachfrageprinzip abgebildet.
Der SWEAT SHOP wird auf einer doppelten Bühne aufgeführt: zum einen im Livestream, zum anderen vor dem präsenten Publikum im Laden fuer Nichts. So kann das Publikum den arbeitenden Künstler*innen bei der Umsetzung der Aufträge zusehen und bildet eine zweite Kontrollinstanz. Die Intimität des Ateliers wird gebrochen und durch das kalte, voyeuristische Auge des Marktes ersetzt.
Sollten sich die Arbeiten eines Künstlers im Vergleich zu seinen Kollegen besser verkaufen, wird dieser Umstand fortan im Preis der angebotenen Formate reflektiert. Eine entsprechende Grafik (die Dow Jones-Kurve) illustriert den Erfolg der Künstler, sowie die Parallele zwischen Kunst und Aktienmarkt. So stehen die Künstler*innen in direkter Konkurrenz zueinander. Verkauft Künstler A am laufenden Band, während Künstler C keine Aufträge kriegt, steigt die Kurve von Künstler A ebenso wie seine Preise an, während die von Künstler C stagnieren.
THEORIE
Auch wenn Generalisierungen per se schwierig und ungenau sind, gibt es doch gewisse Unterschiede im westlichen und östlichen Kunstverständnis. In der westlichen, modernen Tradition zum Beispiel kopieren Künstler nicht (es sei denn der Akt des Kopierens ist Teil des künstlerischen Statements). Sie folgen ihren eigenen künstlerischen Absichten und verleihen dabei ihrer Individualität freien Ausdruck. In der östlichen Tradition hingegen übten die jungen Künstler die Maltechniken der Kopie an den Kunstschulen und nur der wahre Meister interpretierte frei.
Die Performance reflektiert diesen grundsätzlichen, philosophischen Unterschied im östlichen und westlichen Kunstverständnis. Die SWEAT SHOP- Künstler*innen nehmen die Aufträge zwar an, aber sie kopieren nicht fotorealistisch, sondern interpretieren frei. Der Kunde investiert also in den Stil des jeweiligen Künstlers. Es ist die östliche Art in einer westlichen Facon.
Durch die Inszenierung des kapitalistischen Prinzips, Leistung zu entlohnen (und bei gleichzeitiger Reflektion der beschriebenen kulturellen Unterschiede) bezieht sich der SWEAT SHOP auch auf die Produktionsbedingungen in der globalisierten Welt. Denn die realen Sweatshops der Schwellenländer sind die outgesourcte, moderne Variante des Manchester-Kapitalismus. Billigarbeit wird dorthin exportiert und von einem Heer über-ausgebeuteter Werktätiger in baufälligen Fabrikgebäuden verrichtet. Diese brutalen und unmenschlichen Produktionsbedingungen sind die eine Seite der Medaille. Die andere Seite sind günstige T-Shirts, Hosen und Smartphones für uns alle. Und, glaubt man der Theorie, der Beginn des ökonomischen Aufstiegs für die entsprechende Region.
Da wir gerade von Medaillen oder Münzen sprechen, kommen wir zum letzten Aspekt der SWEAT SHOP-Idee. Genauso wie Geld, repräsentiert Kunst Wert auf eine abstrakte Weise. Ein Hundert-Euro-Schein wird auf Papier mit einem Materialwert von einigen Cent gedruckt. Das Einverständnis einer Leinwand mit Ölfarbe darauf einen Geldwert von mehreren Million Euro zu erkennen, ist dasselbe, wie beim Geldschein.
ONLINE
Das Diagramm wird sowohl im SCHAU FENSTER selbst auf Monitoren angezeigt, als auch live ins Internet gestreamt. Wer also von Hongkong aus zusehen und einen Auftrag abgeben will, kann dies problemlos tun. Den Lieblingskünstler auswählen, ein JPEG des gewünschten Motivs schicken, über Paypal bezahlen und dann zusehen wie die Kurve steigt.
SWEAT SHOP reflektiert das Verhältnis von zeitgenössischer Kunst zum Kunstmarkt und wird gleichzeitig als Performance auf die globale Bühne gebracht
Der SWEAT SHOP ist ein gemeinsames Projekt von Jan Kage und Samsarah Lilja. Sie unterstützt das Vorhaben mit ihrer langjährigen Erfahrung in Strategie, Design und Webentwicklung. Sie ist maßgeblich für die Umsetzung der SWEAT SHOP Plattform zuständig. Bereits zum Berliner Gallery Weekend, Ende April 2016 haben sie den SWEAT SHOP erfolgreich umgesetzt. Es wurden über 200 Arbeiten in einem Gesamtwert von über 20.000 Euro umgesetzt.
Parallel zum SWEAT SHOP werden originale Werke der beteiligten Künstler*innen gezeigt, die nicht im Rahmen der Performance entstandenen sind.